Wisst ihr, wie ich auf âKings of the Wyldâ von Nicholas Eames aufmerksam wurde? Auf dem Cover steht âThe Boys Are Back In Townâ. Ich dachte sofort an den berĂźhmten Thin Lizzy â Song. Assoziationen von Sex, Drugs and RockânâRoll schwirrten wild durch meinen Kopf und als ich las, dass die Geschichte von einer gealterten SĂśldnertruppe handelt, die sich auf eine letzte selbstmĂśrderische Mission durch ein monsterverpestetes Land begibt, kannte ich kein Halten mehr. Ich bestellte das Buch, zählte die Stunden bis zu seinem Eintreffen, riss das Paket auf (vielleicht waren Zähne im Spiel) und begann die LektĂźre, ohne auch nur daran zu denken, es auf meinen SuB zu legen.
Clay Cooper ist alt geworden. Seine Knie schmerzen, seine Blase treibt ihn peinlich oft aus dem Bett und er wird dafßr bezahlt, tagein tagaus als Wache auf der Stadtmauer die Berge anzustarren. Frßher, ja frßher, war er ein Mitglied der besten und berßchtigtsten SÜldnerbande im Heartwyld: Saga. Seite an Seite kämpfte er mit Gabriel, Arcandius Moog, Ganelon und Matrick Skulldrummer. Legenden, allesamt. Doch das ist so lange her, dass er sich nicht mehr erinnern kann, wie er all ihre irrwitzigen, mÜrderischen Abenteuer eigentlich ßberlebte.
Die Erinnerung Ăźberfällt ihn eines Abends, als Gabriel persĂśnlich auf seiner TĂźrschwelle hockt. Sein alter Freund ist ein abgerissenes, verdrecktes Häufchen Elend. Vom Glamour vergangener Tage keine Spur. Verzweifelt bittet er Clay um Hilfe: Seine Tochter Rose ist in der schwer belagerten Stadt Castia eingeschlossen. Castia wird nicht standhalten. Eine Rettungsmission wäre dumm, gefährlich, vollkommen aussichtslos â und genau Sagas Stil. Es ist Zeit, die Jungs zusammenzutrommeln, eine letzte Tour durch den Heartwyld zu unternehmen und dem Alter den Mittelfinger zu zeigen.
„Kings of the Wyld“: Ălter, härter, besser!
Ich habe mich unheimlich auf die Rezension zu âKings of the Wyldâ gefreut. Ich konnte es kaum abwarten, euch endlich von diesem phänomenalen Buch vorzuschwärmen. Ich bin verliebt! Meiner Meinung nach hat Nicholas Eamesâ Erstling alles, was ein hervorragender High Fantasy â Roman braucht: Herz, Humor und jede Menge Action. Eamesâ Schreibstil erinnert mich an Joe Abercrombie, doch seine Geschichte ist leichter, lockerer, weniger grimmig. In seiner Essenz, unter all den Schichten aus Dreck, Monstern und Witzen, ist âKings of the Wyldâ ein wundervolles Buch Ăźber Freundschaft, das eine subtile Tiefe aufweist, die vom Leben selbst geschrieben sein kĂśnnte.
Im Mittelpunkt steht selbstverständlich die SĂśldnertruppe Saga, die ihre besten Zeiten eigentlich längst hinter sich hat. Ihre Mitglieder haben sich mehr oder weniger zur Ruhe gesetzt, sind alt, fett und bequem geworden. Trotzdem folgen sie Gabriels Ruf, als er sie braucht, um seine Tochter aus Castia zu befreien. Er wendet sich zuerst an Clay, weil dieser nicht nur sein bester Freund, sondern auch das Herz von Saga ist. Er hält sie zusammen. Er ist ihr moralischer Anker; der groĂe, bescheidene, schweigsame Typ, der gar nicht bemerkt, dass sich alle nach ihm richten. Clay Cooper ist definitiv ein Mann, mit dem man befreundet sein mĂśchte, obwohl das auf sie alle zutrifft.
Harte Schale, weicher Kern, das ist Saga. Jeder fßr sich mÜgen sie Katastrophen sein, aber zusammen sind sie eine Macht, mit der man rechnen muss. Sie ergänzen sich perfekt. Daher ist es nicht ßberraschend, dass Nicholas Eames nicht die Rettungsmission an sich fokussiert, sondern die Interaktion seiner unheimlich liebenswerten, realistischen Figuren, die bis zum unbedeutendsten Nebencharakter lebendig ausgearbeitet sind. Die finale Schlacht am Ende des Buches ist nicht unausweichlich und im Grunde auch gar nicht so wichtig. Der Weg ist das Ziel. Die alten Herren sind seit Jahrzehnten Freunde, sie kennen sich in- und auswendig.
Ihre Gruppendynamik berĂźhrte mich und weckte in mir den Wunsch, gemeinsam mit ihnen durch Eamesâ kreative, vielschichtige Welt zu ziehen und mich der originellen Flora und Fauna zu stellen. Sein Universum ist die reinste Freakshow. Denkt an ein Monster. Irgendeins. Im Heartwyld findet ihr es garantiert. Es gefiel mir, dass Eames sich offenbar kaum Gedanken darĂźber machte, wie er seine Welt bevĂślkern mĂśchte, sondern einfach alles hineinstopfte, was ihm in den Sinn kam. Von den unsterblichen Druin, die Elben mit Häschenohren ähneln (hihi), Ăźber wandelnde Bäume bis hin zu Chimären, Trollen und Kobolden â jede Art hat ihren natĂźrlichen Platz, ohne dass das Buch Ăźberladen wirken wĂźrde. SchlieĂlich muss es einen Grund haben, dass SĂśldner dort wie Rockstars gefeiert werden.
âKings of the Wyldâ ist genau wie seine Protagonisten: Ălter, härter, besser! Während der LektĂźre war ich voll drin; ich lachte herzhaft, kicherte albern, kämpfte verzweifelt mit den Tränen und habe wahrhaft mitgefiebert. Ich wollte nicht, dass es endet. Leider muss jedes Buch irgendwann ein Ende haben, aber wisst ihr was? âKings of the Wyldâ ist ein Reihenauftakt. Nicholas Eames wird in den Heartwyld zurĂźckkehren, im zweiten Band von âThe Bandâ, âBloody Roseâ, der die nächste Generation SĂśldner_innen beleuchten wird.
Ich vermute anhand des Titels, dass Gabriels Tochter Rose eine zentrale Rolle spielen wird und freue mich bereits darauf, zu erleben, wie Eames sein ohnehin erfreulich variables, facettenreiches Frauenbild tiefer ausarbeitet und seinen Leser_innen weitere Ecken seines verrßckten Universums zeigt. Hach, ich kann es kaum abwarten und mÜchte ungeduldig auf und ab hßpfen! Meine Begeisterung will sich verselbstständigen!
Ihr mĂźsst âKings of the Wyldâ lesen. Wirklich. Ihr mĂźsst. Ich bete dafĂźr, dass es irgendwann Ăźbersetzt wird und den deutschen Markt im Sturm erobert, weil dieses Buch den Erfolg einfach verdient. Es ist groĂartig, mitreiĂend, berĂźhrend und irrsinnig lustig. Ich sehe es schon auf dem Thron meines Jahreshighlights 2017 stehen, auf rotem Samt, von einem einzelnen Spot angestrahlt. Das wĂźrde den alten Knackern von Saga sicher gefallen.
Schon wieder eines dieser BĂźcher, bei denen ich mich wirklich ärgere, dass sie (noch) nicht auf deutsch erschienen sind, das klingt nämlich richtig gut! Alleine der Name „Skulldrummer“ hat es mir schon angetan! ;-)
Mich ärgert das auch, aber es kann noch werden, das Buch ist noch ziemlich frisch auf dem Markt und muss sich natĂźrlich erst in den englischsprachigen Ländern etablieren, bevor an einen Vertrag mit einem deutschen Verlag zu denken wäre. Also geben wir dem Ganzen einfach noch etwas Zeit. đ
Viele liebe GrĂźĂe,
Elli
schade dass es nicht auf Deutsch ist, sonst wĂźrde ich mich gerne infizieren lassen ;-) Mein Englisch reicht gerade fĂźr superleichte JugendbĂźcher und noch nichtmal da hab ich die Geduld das in Englisch zuende zu bringen :-( Solltest Du mitbekommen, dass es eine Ăbersetzung gibt, dann darfste mir gerne nen Zaun an den Kopf werfen ;-)
LG Lari
Hey Lari,
Das mach ich natĂźrlich gern, dieses Buch ist es echt Wert, es im Auge zu behalten đ
Viele liebe GrĂźĂe,
Elli
Ich hab das Buch bei dir entdeckt, das Cover und den Klappentext gelesen und war auch Feuer und Flamme. SĂśldner, Action und Fantasy, da werd ich doch gleich hellhĂśrig. Und nun deine tolle Rezension. Freundschaften, eine tolle Welt und ein erfreuliches Frauenbild? Jetzt rate mal was zu mir unterwegs ist? :D Leider habe ich noch keine Lesezeit dafĂźr, aber die findet sich sicher.
LG
Ich wĂźrde dich ja gern zwingen, da sofort zu lesen, wenn es eintrifft, aber da hab ich wohl leider keine Handhabe đ
Viele liebe GrĂźĂe,
Elli
Hey Elli.
Was fĂźr eine mitreiĂende Rezension! Du hast dich damit wieder einmal Ăźbertroffen. Ich lese gerne auf englisch, nur bei Fantasy habe ich hin und wieder Verständnisprobleme. Daher weiĂ ich noch nicht so genau, ob ich mich ran wagen soll, werde es aber im Auge behalten. :)
Liebe GrĂźĂe,
Nise
Huhu,
ich fand das Englisch nicht allzu schwer, es gibt nicht so viele neu entwickelte Begriffe. Aber im Zweifelsfall kannst du dir ja auch einfach eine Leseprobe besorgen đ
Viele liebe GrĂźĂe,
Elli
Bitte, bitte, gib mir Bescheid, wenn du mitkriegst, dass das Buch auf deutsch erscheint! Ich muss das unbedingt lesen!
Wenn ich den Spruch mit „The Boys are Back in Town“ gekannt hätte, wäre das Buch noch frĂźher von mit gelesen worden, da ich frĂźher der totale Thin Lizzy-Fan war. Leider ist Phil Lynott nicht so alt geworden, dass es zu einem „Wir bringen die Band wieder zusammen“ noch gekommen ist. Ich habe die Roch-Paralellen der Erzählung sehr genossen. Auch dass ich als Autor Ăźber einige „technische Schnitzer“ gestolpert bin, konnte mir den SpaĂ nicht verderben. Nick Eames bĂźgelt mit seiner Ăźberbordenden Erzähllust und dem Schwung der Erzählung mĂźhelos drĂźber.
Wer es auf Deutsch lesen wollte und es noch nicht mitbekommen hat: Sowohl dieses Buch als auch der Nachfolgeband sind inzwischen in Deutsch zu haben.
Ich hatte so viel SpaĂ an dem Buch, das mir eventuelle Schnitzer nicht mal aufgefallen sind. ;) Wurde nur noch getoppt vom zweiten Band, da war ich dann endgĂźltig verliebt. :D
Nachträglich fällt mir auf, dass man meine Phil Lynott/Thin Lizzy-Bemrrkung gar nicht verstehen kann, wenn man nicht weiĂ, dass Clay Cooper (mit seinem Schild) quasi der Bassist der Band ist, genau wie Lynott bei Lizzy.
Danke fßr den nachträglichen Kontext, ich hätte es aus dem Kopf auch nicht gewusst. :)