Patrick Ness – The Knife of Never Letting Go

Cover des Buches "The Knife of Never Letting Go" von Patrick Ness

Reihe: Chaos Walking #1

Autor_in: Patrick Ness

Format: Taschenbuch

Seitenzahl: 479 Seiten

Verlag: Walker Books

Sprache: Englisch

ISBN-10: 1406320757

Genre: Science-Fiction > Young Adult

Ausgelesen: 05.07.2014

Bewertung: ★★★★★

Ich weiß nicht mehr, wann und wie ich auf den ersten Band der „Chaos Walking” – Reihe von Patrick Ness aufmerksam geworden bin. Es stand lange auf meiner Wunschliste, weil ich einige Zeit schlicht zu geizig war, es mir endlich zu kaufen. Als ich es dann doch tat, lag das an der in meinen Augen faszinierenden Covergestaltung. Ich hielt das Buch bei Thalia in den Händen, drehte es hin und her. Und da war er. Der Moment, in dem das Licht in einem bestimmten Winkel auf das Cover fiel und ich sah, dass in den Hintergrund Worte gedruckt sind, die man nur unter diesem Lichteinfall erkennen kann. Das gefiel mir so gut, dass ich das Buch mit nach Hause nahm.

In New World, in der jeder die Gedanken des anderen hört und Tiere sprechen können, ist es schwer, Geheimnisse zu haben. Jeden Tag seines Lebens ist der 13 – jährige Todd Hewitt mit dem Noise, dem Lärm, konfrontiert. Jeden Tag hört er die Gedanken aller Männer seiner Heimatstadt Prentisstown, obwohl er sonst keine Freunde mehr außer seinem Hund Manchee hat. Denn Männer reden nicht mit Jungen. In 30 Tagen wird Todd selbst endlich zum Mann, endlich wird er wieder dazugehören. Er ist der letzte, der jüngste Bewohner Prentisstowns.
Als er jedoch eines Tages einen Ausflug in den Sumpf unternimmt, stellt sich sein Leben völlig auf den Kopf. Er entdeckt die Stille. Ein Fleckchen völlig ohne Noise. Als er seinen Zieh – Vätern Ben und Cillian davon berichtet, überschlagen sich die Ereignisse und Todd befindet sich plötzlich auf der Flucht. Er weiß nicht, warum. Doch schon bald wird er verstehen. Er wird begreifen, was hinter der Stille steckt. Und ihm wird klar, dass auch mit Noise Geheimnisse und Lügen möglich sind.

Kennt ihr das Gefühl, dass euch ein Buch die Sprache verschlägt, weil es so dermaßen gut ist? So erging es mir mit „The Knife of Never Letting Go“. Patrick Ness hat eine Geschichte erschaffen, die packend, mitreißend und beeindruckend authentisch ist. Alles ist stimmig und rund; es gibt keine überstehenden Kanten, an denen ich mich hätte stoßen können. Ness‘ Ideen sind nicht nur extrem spannend, sondern auch detailreich durchdacht. Alle Puzzleteile des Buches fügen sich nahtlos ineinander; die Verbindungen sind logisch, Konsequenzen und Implikationen erscheinen niemals an den Haaren herbei gezogen. „The Knife of Never Letting Go“ ist nicht krampfhaft gewollt wie viele andere YA Dystopien, es ist mit Leichtigkeit gekonnt.

New World ist keine durchgestylte, perfekt erscheinende Gesellschaft mit einer einengenden Regierung; die Menschen sind Siedler und kämpfen einfach ums Überleben. Sie müssen sich tagtäglich mit den Widrigkeiten des neuen Planeten auseinandersetzen, im Besonderen natürlich mit dem Noise. Diesen schildert Ness bedrückend allgegenwärtig, aber auch so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Er ist der Dreh- und Angelpunkt aller Konflikte; in ihm wurzeln Entwicklung und Spaltung der Gesellschaft. Es erschien mir so naheliegend, glaubhaft und echt, dass die Siedler aggressiv auf dieses Merkmal ihrer neuen Heimat reagierten; dass sie versuchten, jemandem die Schuld dafür zuzuschieben, obwohl niemand etwas dafür konnte.

Die Glaubenswelt und Überzeugungen, die daraus entstanden, sind im Protagonisten Todd abgebildet. Er ist so sehr ein Kind New Worlds und Prentisstowns, dass ich dankbar für seine Ich – Erzähler – Perspektive war, denn auf diese Weise konnte ich mich wunderbar in ihn hinein versetzen. Er ist eine äußerst realistische, seinem Alter entsprechende Figur: rotzig und anmaßend, aber auch mutig und zu tiefer Freundschaft fähig. Ness‘ knackiger Schreibstil verstärkt die Darstellung seines Innenlebens durch kurze, eingängige, Comic-hafte Sätze gepaart mit Passagen, die an eine Gedankenflut erinnern. Die Geschichte bekommt erst durch Todd ein Gesicht und Lebendigkeit. So spannend die Aufdeckung der Geheimnisse New Worlds ist, ohne den Schwerpunkt auf Todds Erwachsenwerden und die Entwicklung einer besonderen Freundschaft bliebe sie blass. Darüber hinaus ist diese Freundschaft völlig unbelastet von amourösen Eskapaden. Es geht rein um die Frage, was es bedeutet, einen anderen Menschen wirklich zu kennen und zu welchen Opfern man im Dienste der Freundschaft bereit ist.

Ich liebe „The Knife of Never Letting Go“. Es liest sich flüssig, es ist temporeich und ging mir mehrfach sehr zu Herzen. Keine Frage, dass ich weiterlesen möchte.

Interessierte LeserInnen möchte ich vor dem Ende warnen: Patrick Ness hat einen zwar passenden, aber schockierenden Cliffhanger eingebaut, der mich ziemlich frustriert hat, weil ich den zweiten Band noch nicht besitze. Das ändert jedoch nichts an meiner Empfehlung.

Ich lege dieses Buch allen FreundInnen von YA Dystopien ans Herz, denn es ist einfach fantastisch. Es hat keine unnötige Schwülstigkeit, keine erzwungene, futuristische Gesellschaft; dafür aber jede Menge Gradlinigkeit. Und ich wette, ihr werdet Manchee lieben.

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